Berlin I

Zur Mitte der Stadt
Gelangen wir staunend,
Das Auge saugt
Fliehende Flut.

Siegessäule auf Abruf
Und immer herum
Wie im Karussell.
Roon, Moltke,
Roon und bald wieder
Roon.

Durchs dicht verhängte Tor fahrn wir nicht,
Wir nehmen lieber den Weg drum herum,
Seitlich trifft uns das helle Licht,
Vertraut ist uns das Motorengebrumm.

Und Buntes unter den Linden,
Sandra Maischbergers Bär auf dem Kopf,
Die kolossale russische Botschaft,
Hier wollen wir Feste feiern,
(Mit bunten Eiern, die Lieder erschallen),
Von den Linden singen die Nachtigallen.

Tagsüber Sonne,
Sitzen auf dem Gendarmenmarkt:
"Das ist ein Turm und kein Dom".
Die kleine Kirche daneben schläft in der Mittagssonne.

Abends die Hackeschen Höfe,
Die tänzelnd- wartenden Mädchen und
Goldig glänzt uns die Kuppel der Synagoge, -- -
Noch ist nicht die Zeit, wo wir betreten gemeinsam den heiligen Raum.

Berlin II

"Kaufen Sie sich doch ein Stück vom Schloss,
Mein Herr und, meine Dame, tun Sie auch desgleichen,
Denn mit einem Stück vom Schloss
Können Sie mein Herz erreichen."

Der Alex ist groß,
Der Alex ist weit,
Er liegt in der Sonne,
Im Winter, wenn`s schneit,
Dann liegt unter Schnee er,
Das weiß ich genau,
Wenn`s taut, ist der Alex
Sehr nass und sehr grau.

In Kreuzberg sucht ich ein Mägdelein,
Ich hab`s nicht gefunden, ich war so allein,
Das Vögelchen aber war ausgeflogen,
Es hat mir beinahe das Herz verbogen.
Da nahm ich neben vier Türken Platz,
Die boten mir freundlich für heute Ersatz.

Mit der U-Bahn hinunter,
Mit der S-Bahn hinauf,
Ich bleibe stur sitzen
Und stehe nicht auf.
Die Abendsonne - von links- fällt herein,
Ich sitz unter Menschen und
Bin doch allein.
Die Fenster sind alle so sonderbar stumpf,
Verkratzt und grau, blicken so dumpf,
Die Menschen, sie schau`n nicht viel anders drein,
Da wäre ich doch lieber ganz allein.

Berlin III

Eine Fahrt auf dem Wasser,
Die Stimme des Bootsführers noch im Ohr:
"Hier verlief einst die Grenze, gleich links
Und dort, das Häuschen im Grünen ist
Noch zu kaufen. Hier wohnte mal der
Schleusenwärter." ---
Es gleiten vorbei grüne Wiesen,
Alte Fabriken, neue Glaspaläste.
Das Beste aber ist die ruhige Art dessen,
Der das Steuer hält und das rostige
Schiff dort am Kai, das hinter uns im Wasser dümpelt,
Während sein Käpt`n im weißen Unterhemd,
Aber m i t  Mütze die
Hitze des Tages verdrängt

(Er schlurft so ruhig dahin).
So lebt es sich gut in Berlin,
Das zeigen uns auch die Drei,
Die dauernd ins Wasser springen,
Während ein Mädchen still in einem Roman liest.
Hoch über allem, aus einem schönen Neubau aber
Lugt Hedwig und winkt uns zu.

Berlin IV
- Pergamonmuseum -

Als wir den Raum betreten,
Rinnen aus meinen Augen Tränen,
Doch nur für einen Moment.
Es rennt aber der oder die an mir
Vorbei, derweil ich mich auf die
Stufen setze, bis eine Frau mich
Anspricht, ich solle doch lieber
Zur Mitte der Treppe rücken. -

Durch ein syrisches Tor, so
Schreite ich, wie Gilgamesch,
Wie Enkidu und streiche mit
Meiner Hand über die blauen Fliesen.

Wo bist Du, königlicher Bruder
Und wo meine Schwester, Du,
Über die er raunte ?- Ach-
Und ich gehe, es fehlet am Bier,
Fänd` ich`s, blieb ich für heute hier.

Berlin V

Sehr breite Straßen.-
Wie wär`s,
Bräche auf ein Tor
Und hervor quöllen Weißgewandete,
Vor ihnen stolz ein Tambourmajor
Und hell erklänge die goldne Trompete,
Dass weithin es schallte und
Schritt um Schritt gestochen,
-Jetzt Grauröcke oder Preußischblau -
Rauschten vorbei,
Ei, ei und es liefen
Wiederum Mädchen und Jungen
Und es würde gesungen das alte Lied
Vom herrlichen herzallerliebsten Krieg ?
Und Glatzen kämen bald um die Ecke
Mit Knütteln, in frisch gewichsten Schuh`n
Und sie fragten uns laut, was sollen wir tun,
Doch wir, wir wären versteinert vor Scham
Und sagten, dass dies alles nur kam,
Weil viel zu lange schon unter der Fuchtel
Der Diktaturen sie alle lebten
Und sie in ihrem Innersten bebten
Vor dem KULT DER GEWALT,
Der Lüge und Angst,
Während Du und Du um dein Leben bangst.
Wäre das alles nur ein Traum ?
Ich glaube es kaum .---

Im Reutersitz grüßt uns der
Alte Fritz.


Berlin VI

Checkpoint Charly noch in Erinnerung,
Ein Amerikaner, ein Russe in Pose,
Nass kommt die Straße.

Wie glänzt uns der Potsdamer Platz,
Selbst am Abend lacht eitel hier Wonne,
Wo Globalplayer Wohnraum nehmen
In fürstlichem Wohlstand ( für hoffentlich alle !).

Bis dahin aber wollen wir beten
Und einsteh`n gemeinsam für unseren Schwur,
Er gilt, so glaub ich, dem Leben nur.
Hier heißt es: den Arsch zusammen ziehn,
Und Haltung einnehmen ( nicht nur für uns ).
Dass endlich der Dichter recht behält,
Der einst das eiserne Tor besang,
Neruda heißt er und damals klang
Uns tröstlich, was er zu sagen wusste .
Das eiserne Tor, so hieß es, sei zu,
Der Militarismus wäre zur Ruh
Gegangen, um nie mehr sein Haupt zu erheben .
So sei es und dafür leben wir,
- Eben- !