Legenda philosophica II

 

 

Lauthals reden heut die Lehrer:

„Das vom Urknall ist nicht schwerer

Zu verstehen als die Lehre

Von der Schöpfung!“, ich verehre

Lieber Zweites, spricht der Siegfried,

Der darüber jeden Streit mied.

 

Wie gesehen, steht er gerne,

Und schaut ständig in die Ferne,

Bald am Fenster, bald am Tor,

Hebt die Hände hoch empor.

 

So betrachtet, ist dagegen nichts zu wenden,

Nichts zu sagen, denn nie hört man von ihm Klagen,

Auch nicht, wenn die Tage enden.

 

Vielmehr will der Siegfried leise,

Quasi auf geheime Weise

Sich dem Unbekannten nähern.

Da ist Siegfried stark und ehern,

Denn, so denkt er, es hat oft

Jemand schon sehr stark gehofft,

Dass in dem Unendlichen

Er sich naht dem Kenntlichen.

 

Leicht verständlich dieses Tun,

Siegfried lässt nichts auf sich ruh`n,

Wälzt so manchen Folianten,

Spricht mit Onkeln und mit Tanten,

manchmal auch mit seiner Mutter,

Dann scheint alles wie in Butter.

 

Mutter hat in jungen Jahren

Vieles und noch mehr erfahren,

Sagt sie, legt die Finger bange

Siegfried an die linke Wange.

Siegfried aber weiß genau,

Gegen diese gute Frau

Hilft auch nicht das beste Mehl,

Sie ist einfach ohne Fehl.

 

„Denk doch nur an die Legenden“,

Spricht sie und will gar nicht enden:

„Als der Dornbusch brannte“, meint sie,

Und ergriffen davon weint sie,

„Oder dieser zarte Windhauch,

der einst wehte, beide sind auch

Wirklich und ganz sicher Zeichen,

Denen kann man nicht entweichen.“

 

„Aber, aber“, spricht ihr Sohn,

„Dieses alles weiß ich schon.“

 

Und dann steht er wie versunken,

Oder mehr noch, wie betrunken,

Und hebt seine Hände wieder,

Steigt dort nicht ein Engel nieder?

Und mir scheint, ganz leise, leise,

Singt der Siegfried seine Weise:

„Ich bin froh, dass es mich gibt

Und dass etwas in mir piept.“

 

 

Mal sehen

 

Die Zeit, sie wird mir gar nicht lang,

Ich sitz auf meiner Gartenbank,

Der Apfelbaum im Gegenlicht,

Die Sonne scheint mir ins Gesicht

Und macht mich sicherlich ganz rot,

Ich freu mich auf das Abendbrot.

 

 

Mut

 

 

Gut, es kann sein, dass es ein Land gibt,

In dem es friedlicher zugeht als hier.

Bei uns ist immer etwas los,

Immer gibt es etwas zu nörgeln,

Das Meiste ist unzugänglich für den Verstand.

Und da ist es gut, etwas zu besitzen,

Das nennt man Mut.

 

Genauer gesagt, ist es die Kraft,

Die uns zwingt, auszuhalten in Arbeit,

Diese darf auch mal in Tat umgewandelt werden.

Und nicht nur die Musen gilt es anzurufen,

Diese schlafen ja nicht, sondern wirken in uns,

Mutmaßlich musenschön und wirkungsfreudig.